Ein Reifenwechsel ist eigentlich sehr einfach und besonders dankbar, da das Ergebnis einen ungenutzten Hobel wieder fahrbereit macht und gleichzeitig auch den optischen Gesamteindruck aufwertet. Der Dschungel der Bezeichnungen und Abkürzungen ist aber leider anfänglich etwas abschreckend. Wir stellen euch hier ein Fahrradreifen Glossar vor, das den Dschungel etwas lichtet.
Schlauchreifen (tubular) sind zu einer geschlossenen Hülle genähte Reifen. Die Karkasse besteht meist aus Textil- oder Nylongewebe. Der Schlauch ist hier bereits integriert und kann nicht ohne den Reifen gewechselt werden. Die Felge hat eine konkave Form ohne Felgenhörner. Schlauchreifen erlauben einen höheren Luftdruck und sind darum an Rennrädern verbreitet.
Drahtreifen (clincher) sind die verbreitetsten Reifen. Sie sind offen und haben an beiden Flanken einen Draht eingearbeitet wodurch sich eine umlaufende Wulst ergibt. Diese rutsch in die Felgenhörnern der Felge und wird dort gehalten. Deshalb bedarf es beim Wechsel eines Drahtreifens auch etwas Kraft, um die Flanken aus und in die Felge zu bekommen. Der Schlauch ist nur lose in die Felge eingelegt und drückt die Wulst noch fester in die Felgenhörner.
Faltreifen sind eine Sonderform der Drahtreifen. Hier wird kein Draht sondern eine Faser verwendet. Dadurch lässt sich der Reifen falten. Sie werden vor allem verwendet, um auf Touren einen Ersatzreifen mitführen zu können.
Ballonreifen sind eigentlich auch nur Drahtreifen, die besonders breit sind und mit wenig Luftdruck gefahren werden können. Sie federn dadurch besser und haben bessere Fahreigenschaften auf losen Untergründen.
Schlauchlose Reifen sind Drahtreifen, die ohne Schlauch auskommen. Die Speichenlöcher der Felge müssen dafür abgedichtet sein. Sie sind Exoten, die manchmal an MTBs zu finden sind.
TPI oder EPI (treads/ends per inch) ist ein Maß für die Dichte des Gewebes in der Reifenkarkasse. Werte zwischen 20-320 sind möglich wobei eine höhere Dichte den Reifen leichter, haltbarer aber leider auch teurer macht.
PSI und Bar sind Maße für den Luftdruck. Reifen haben einen minimalen und maximalen Luftdruck bei dem sie gefahren werden können. Weniger Luftdruck macht einen Reifer weicher und komfortabler aber auf ebenen Flächen langsamer und allgemein anfälliger für Pannen.
Pannenschutz ist prinzipiell von mehreren Faktoren abhängig. Die Gummimischung, Reifendicke, Profil, Art und Dichte des Gewebes und der Luftdruck haben einen Einfluss. Häufig werden von den Herstellern zusätzliche Lagen von Geweben oder Kautschuk als Pannenschutz angeboten.
ETRTO ist eine metrische Bezeichnung der Reifengröße in Millimetern. Die erste Zahl gibt die Breite des Reifens im montierten Zustand an und die zweite den Innendurchmesser des Reifens bzw den Nenndurchmesser der Felge. Zum Vergleich dazu sind auch noch Französische- und Zoll-Angaben üblich.
Mit diesen Begriffen ausgestattet seid ihr bereit für den Reifenkauf. Ihr könnt unseren Beitrag über Die richtige Reifenwahl nutzen, um eine Auswahl zu treffen. Danach kann man sich noch die Frage stellen: Welches Fahrradventil hält was es verspricht?. Letztendlich könnt ihr einfach die Reifen und neuen Schläuche kaufen oder bestellen und unserer Anleitung „Schlauchwechsel“ folgen.
Fallen euch noch weitere Begriffe für das Reifen Glossar ein? Dann schreibt einfach einen kurzen Kommentar.
Trotz Pannenschutz hat es die Glas oder Rollsplit geschafft Kontakt mit eurem Schlauch aufzunehmen? Wenn ihr einen Ersatzschlauch und eine Luftpumpe dabei habt, dann könnt ihr gleich Unterwegs den Schlauch wechseln, habt ihr auf unnötiges Gewicht verzichtet, dann heißt es erstmal schieben.
Hat man das nötige Werkzeug parat, kann es losgehen:
1. Rad abmontieren
Beim Vorderrad müssen nur die Bremsen geöffnet und die Schnellspanner gelöst werden und schon kann man das Rad von der Gabel nehmen. Ist der Hinterreifen platt, muss man in den kleinsten Gang schalten, die Schnellspanner lösen und das Rad aus dem Rahmen / von der Gabel nehmen – dabei acht auf die Kette geben.
2. Mantel lösen Zunächst löst man den Mantel vom Felgenrand, dazu drückt man den Mantel auf der gesamten Länge Stück für Stück zusammen.
3. Mantel über die Felge ziehen
Hier gibt es zwei Varianten, mit und ohne Reifenheber.
3.1 ohne Reifenheber
Ohne Reifenheber muss man den Mantel mit beiden Händen über die Felge drücken bis er auf einer Seite über die Felge gerutscht ist. Nun kann man zwei Fingern zwischen Felge und Mantel stecken und den restlichen Mantel über die Felge ziehen.
3.2 mit Reifenheber Mit Reifenheber hebelt man von oben (in Richtung Nabe) den Mantel über die Felge, den zweiten Reifenheber setzte man 10-15 Zentimeter daneben an und hebelt dort ebenfalls den Mantel aus. Nun nimmt man einen der Reifenheber und schiebt ihn entlang der Felge, bis der gesamte Mantel auf einer Seite über der Felge liegt.
Die andere Seite des Mantels kann in der Felge liegen bleiben.
4. Schlauch herausnehmen
Der Schlauch kann nun aus dem Mantel gezogen werden. Nachdem der Schlauch draußen sollte man vorsichtig mit den Fingern Mantel und Felge von innen nach Splittern oder anderen Fremdkörpern absuchen – nicht das der neue Schlauch gleich wieder ein Loch hat.
5. Neuen Schlauch einsetzen
Den neuen oder geflickten Schlauch leicht aufpumpen und am Ventil beginnend den Mantel drücken.
6. Mantel über die Felge drücken
Nun gegenüber des Ventils beginnen den Mantel mit beiden Daumen wieder zurück über die Felge zu drücken. Dabei darauf achten das der Schlauch nicht vom Mantel eingeklemmt wird.
Wundert euch nicht dass aus dem weißen Mantel ein schwarzer Mantel wurde, die Bilder sind auf unserer Tour entlang des Hellwegs beim Wechsel eines Mantels entstanden.
7. Rad einsetzen und Schlauch aufpumpen
Das Rad wieder in den Rahmen / die Gabel klemmen und die Schnellspanner anziehen. Wichtig: Die Bremsen wieder schließen! Sitzt alles korrekt, kann man den Schlauch auf dem am Mantel angegebenen Reifendruck aufpumpen (i. d. Regel 6-8bar).
Beim Ventil, bzw. der Ventilmutter schneiden sich die Geister, der eine trägt es als Kontermutter direkt oben an der Ventilkappe, der andere mag es lieber näher an der Felge.
Die Standfußpumpe lässt ja meistens aufgrund der unpraktischen Größe zu Hause. Auf Tour geht dann die kleine Handpumpe. Wer so ein Rennradschlauch schon mal mit solch einer kleinen Handpumpe von Null auf 7 oder mehr Bar geprügelt hat, der erinnert sich wahrscheinlich noch an die Vielzahl der Hübe.
Eine gesunde Mischung aus Größe und Performance bringt die Minifußpumpe von BikersDream mit. Auf unserer Tour entlang des Hellweg, hatten wir sie anstelle der normalen kleinen Handpumpe mit im Gepäck und sogar im Gebrauch.
Für 34,90 Euro bekommt man eine relativ kleine Fußpumpe (ca. 17cm hoch) die es in sich hat. Mit einem kleinen Bügel lässt sich die Pumpe entriegeln und der Zylinder fährt aus. Der Bügel dient nun als Standbein.
Dank Doppelpumpenkopf kann man mit der Pumpe Schläuche mit Auto, Sclaverand/Presta und Dunlop-Ventil aufpumpen. Dazu einfach das entsprechende Loch wählen und den Sicherungshebel spannen.
Ist der Reifen ganz platt, kann man erst mal viel Volumen pumpen und später mit durch das Umlegen des kleinen orangen Hebel auf viel Luftdruck umschalten – das Maximum ist laut Hersteller bei 12 bar. Ein Rennradreifen ist nach ungefähr 40 Hüben auf 6 bar und nach weiteren 30 auf 8 bar.
Eine praktische analoge Anzeige gibt euch Feedback wie viel bar/Psi schon im Schlauch sind. Zur Orientierung gibt es eine kleine Skala welche die ungefähren Luftdrücke für Trekkingräder, Rennräder und allem dazwischen anzeigt. Wer 10 Euro mehr investiert bekommt die Minifußpumpe auch mit digitaler Anzeige.
Ist der Schlauch voll, klemmt man die Pumpe durch das Lösen des Sicherungshebels wieder ab und verriegelt den Zylinder mit dem Bügel. Fertig!
Mit den Adaptern an der Unterseite der Minifußpumpe lassen sich neben Fahrradschläuchen auch Fußbälle, Luftmatratzen oder andere Dinge aufpumpen.
Fazit Was will man mehr! Gimicks wie die analoge Druckanzeige und die zusätzlichen Adapter machen die Pumpe universell einsetzbar. Mit knapp 35 Euro bewegt sich die Pumpe im Preisfeld zwischen Hand (10-20 Euro) und Standpumpen (40-60 Euro) – genau da wo sie funktional auch einzuordenen ist. Wer nicht weiß wo hin mit der Pumpe, der kann sich die Satteltasche dazu bestellen und hat neben einem sichern Platz für die Pumpe auch noch extra Platz für Flickzeug und Schlauch. Wir sind bis jetzt sehr zufrieden!
Das Dunlop-Ventil (DV) war in meiner Jugend eigentlich das einzige Fahrradventil. Heute werden sie vor allem an Touren- und Cityrädern verwendet. Das Ventil selbst ist ohne Werkzeug austauschbar da es mit einer Überwurfmutter befestigt ist. Es funktioniert durch einen Gummischlauch, der die Öffnung zum Reifen verschließt. Beim Aufpumpen wird dieser Gummischlauch durch den Pumpendruck angehoben und Luft kann in den Schlauch strömen. Der Druck im Reifen wiederum drückt den Gummischlauch gegen die Öffnung und verschließt das Ventil. Sehr einfaches und reparierbares Prinzip. Leider ist es nicht für hohe Drücke geeignet. Die Luft lässt sich nur durch Öffnen der Mutter ablassen.
Das Schrader-Ventil ist vor allem als Autoventil (AV) bekannt. Es wird heute an vielen Mountainbikes verwendet. Das Ventil kann nur mit Spezialwerkzeug gewechselt aber dafür auch nicht gestohlen werden. Es funktioniert mittels einer Feder, die den Ventilkegel von unten in die Dichtung drückt. Um Luft aufzupumpen oder abzulassen muss dieser Ventilkegel herunter gedrückt werden. Dieses Prinzip ist für hohe Reifendrücke geeignet da der Kegel dadurch noch fester in die Dichtung angedrückt wird. Außerdem dauert es etwas länger wenn einem Spitzbuben die Luft ablassen wollen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man ohne Luftpumpe oder Adapter Luft an jeder Tankstelle aufpumpen kann.
Das Sclaverand-Ventil (SV) ist benannt nach seinem französischen Erfinder, weshalb es auch oft als französisches Ventil bezeichnet wird. Man findet es sowohl an Mountainbikes als auch an fast allen Rennrädern. Es ist ebenfalls für hohe Drücke geeignet jedoch mit Standardwerkzeug wechselbar. Anders als beim Autoventil wird der Ventilkegel von einer Mutter am oberen Ende des Ventils gehalten. Wird diese Mutter gelockert, hält nur noch der Reifendruck den Kegel in der Dichtung. Durch diese Bauweise ist das Aufpumpen leichter, da kein Gummischlauch und keine Feder überwunden sondern nur der Reifeninnendruck überwunden werden muss. Darüber hinaus ist dieses Ventil sehr schlank wodurch kleinere Felgenbohrungen nötig und dadurch eine höhere Stabilität der Felge erreicht wird.
Ich habe hier nur die wichtigsten Informationen aufgelistet. Mehr zum Thema gibt es auf Wikipedia. Welches ist nun aber für euer Rad das Richtige? Für einen klassischen Look verwende ich gern schon mal Dunlop-Ventile. Die manipulationssicheren und mit jeder Tankstelle kompatiblen Autoventile haben aber auch was für sich. Aus technischer Perspektive empfehle ich jedoch das schlanke und für hohe Drücke ausgelegte Sclaverand-Ventil.
Im Süden ist es schon passiert und den Rest des Landes wird es wohl auch noch treffen, Schnee! Das weiße Zeugs, das im Winter vom Himmel fällt, erinnert ihr euch?
Doch nicht nur der Schnee und das dann oft folgende Streusalz machen dem Fahrrad zu schaffen, auch Wind und Regen gehen an die Substanz von Rad und Fahrer. Für alle, die das Abenteuer Winter auch auf dem Fahrrad verbringen im folgenden ein paar Tipps, die die Zeit etwas angenehmer zu machen:
Beleuchtung
Gute Beleuchtung ist ein Muss, man wird besser gesehen, sieht besser und muss sich nicht durch die Nacht blinzeln. Am Besten ist ein gescheiter Nabendynamo, da hier der Verschleiß am geringsten ist. Wer keinen hat und nicht umrüsten möchte, sollte dem guten alten Dynamo vertrauen oder in eine Batterie-/Akkulösung investieren. Letztere sollte eine gewisse Qualität haben, damit es nicht zu Ausfällen aufgrund von extremer Kälte oder Nässe kommt. Ersatzbatterien am besten auch direkt kaufen. Ich empfehle neben guter Beleuchtung auch gute Bekleidung. Sie hält trocken und warm und fällt in der Dunkelheit auf.
Bremsen
Nicht nur im Winter, aber gerade dann sollte man einen Blick auf die Bremsen werfen. Sind die Bremszüge in einem guten Zustand, ist noch genug Gummi auf den Bremsbelägen und packen die Bremsen noch ausreichend? Wird es rutschig sollte man beim Bremsen vorwiegend die Hinterradbremse verwenden. Kräftiges Bremsen mit der Vorderradbremse könnte zum Ausbrechen des Vorderrads inklusive Sturz führen.
Schaltung / Kette
Um böse Überraschungen zu vermeiden am Besten beides ordentlich reinigen und anschließend gut schmieren. Wo Öl ist, kann kein Wasser eindringen. Öl ist jedoch nicht gleich Öl, hier sollte man schon synthetisches Kettenöl verwenden. Beim Ölen gilt, weniger ist mehr; das Öl sparsam auf ein Tuch auftragen und auf Kette und Schaltung verteilen. Ein Blick auf Umwerfer und Schaltzüge darf nicht fehlen, die Schaltung muss flüssig laufen und darf nicht haken.
Reifen
Ein Reifenwechsel wie beim Auto ist nicht notwendig, sofern die Reifen noch in einem guten Zustand sind und man nicht durch den Tiefschnee fahren möchte. Für letzteres gibt es Spikes. Bei Schnee kann der Reifendruck reduziert werden um die Auflagefläche der Reifen zu erhöhen, hierbei sollte man das für den Reifen angegebene Minimum jedoch nicht unterschreiten.
Rahmen
Um Korrosion durch Streusalz, Split oder Sand zu verhindern sollte man seinen Drahtesel nach jedem Ausritt reinigen. ADFC Experten empfehlen dafür lauwarmes Wasser und einen Lappen oder Fahrrad-Shampoos. Hochdruckreiniger oder Dampfreiniger sind tabu, diese treiben den Schmutz nur in die tiefsten Ecken und da bekommt man ihn so leicht nicht mehr raus. Um den Schmutz erst gar nicht so weit kommen zu lassen, am Besten Schutzbleche ans Rad schrauben. Für ein paar Euro kann man damit Wasser, Dreck und Steine von Rahmen und Fahrer fern halten. Wer nicht nach jeder Tour Lust und Zeit hat sein Rad mit lauwarmen Wasser zu reinigen, dem empfehle ich das Rad mit dem Handfeger von grobem Schmutz zu befreien.
Damit ihr für einen Reifenwechsel nicht immer direkt zum Händler um die Ecke gehen müsst, habe ich diesen Beitrag verfasst. Ich setze hier voraus, dass ihr einen Reifen wechseln könnt. Trotzdem ist es nicht immer einfach die richtigen Reifen für den jeweiligen Anspruch, Geschmack und Geldbeutel zu finden. Ersetzt man einen alten aber gut funktionierenden Reifen, kann man natürlich den gleichen nachbestellen. Oft möchte man aber das Fahrverhalten anpassen oder aus anderen Gründen zu einem anderen Modell oder Hersteller wechseln. Mit den folgenden Hinweisen könnt ihr eingrenzen welche Reifen technisch in Frage kommen und müsst dann nur noch Geschmack und Geldbeutel entscheiden lassen.
Welche Reifen kommen in Frage?
Die mögliche Reifengröße wird vor allem durch die von euch verwendete Felge bestimmt. Dabei gibt es zwei Angaben der Felge, die zu beachten sind.
Zum einen ist da der Felgendurchmesser, der traditionell in Zoll angegeben wird und die Höhe der aufrecht stehenden Felge kennzeichnet. Die meisten werden z.B. die Aussagen 26″ oder 28″ Felge kennen. Diese Angabe ist jedoch nicht eindeutig, weil es kein messbares Maß an der Felge mit 26″ oder 28″ gibt. Stattdessen bezeichnet sie den ungefähren Außendurchmesser eines für diese Felge geeigneten aufgepumpten Reifens. Ähnlich unglücklich misst das französische System, nur das die Angabe durch eine dreistellige Millimeterangabe z.B. 700 erfolgt. Historisch gesehen machte das Sinn, weil die meisten Reifen gleich breit und damit auch gleich hoch waren. Mit dem Aufkommen von superschmalen Reifen für Rennräder und superbreiten Reifen für MTBs ist diese Angabe nicht mehr geeignet. Da breite Reifen auch höher sind, kann ein breiter 26″ Reifen tatsächlich einen größeren Außendurchmesser als ein schmaler 28″ Reifen haben. Darum wurden die traditionellen Angaben durch den sogenannten Felgenschulterdurchmesser abgelöst. Dieser wird in Millimetern gemäß der europäischen ETRTO Norm gemessen. Beispielsweise entspricht ein Felgenschulterdurchmesser von 559 einer modernen 26″ MTB Felge und 622 einer 28″ bzw. 700 Trecking- oder Rennrad-Felge. Mit der ETRTO Angabe ist die Auswahl eines passenden Reifens sehr einfach. Nur wenn der Felgenschulterdurchmesser der Felge mit der Angabe auf dem Reifen nach ETRTO übereinstimmt, passt es.
Im Übrigen ist auch der historische Zusammenhang zwischen der Zollangabe der Reifen und der Größe des Fahrers heute nicht mehr anwendbar. Es gibt Räder mit 29″ Reifen, die für kleinere Fahrer gestaltet wurden sind und andere mit 26″ Reifen können wiederum für große Fahrer sein.
Die Felgenbreite, genauer die Maulweite, beschreibt den Abstand der Felgenwülste im Inneren der Felge. Vorsicht, die Außenbreite oder der Innenabstand der Felgenflanken sind nicht relevant. Für jede Felgenbreite gibt es einen Bereich von Reifenbreiten, die als fahrbar empfohlen werden. Ist der Reifen zu schmal für die Felge kann die Felge an Straßenunebenheiten durchschlagen und dabei den Schlauch beschädigen. Das typische Ergebnis ist der „Snake Bite“, ein Platten mit zwei kleinen Löchern im Schlauch, hervorgerufen durch die Felgenflanken, ohne sichtbare Beschädigung des Reifens. Bei entsprechender Belastung kann auch die Felge irreparablen Schaden nehmen. Ist der Reifen zu breit wird er seitlich der Felge zu sehr deformiert und die Karkasse des Reifens leidet. Darüber hinaus ist das Fahrverhalten dadurch sehr unstabil. Intuitiv möchte man dann den Luftdruck erhöhen, was jedoch die zu schmalen Felge überlasten kann. In beiden Fällen ist der Verschleiß des Reifens größer und der Reifen ist langsamer. Idealerweise sollte der Reifen etwa doppelt so breit wie die Maulweite der Felge sein.
Wer eher normalbreite Reifen nutzt, kann diesen Absatz gern überspringen. Wer sehr breite Reifen fahren möchte und bereits entsprechend breite Felgen nutzt, muss trotzdem die maximale Breite des Rahmens beachten. Alles was breiter als die Hinterbaustreben des Rahmens oder die Gabel ist kann nicht verwendet werden. Verschiedene Hersteller, hier das Beispiel von Schwalbe, geben Angaben für ihre extra breiten Reifen an. Sie beschreiben die maximale Breite des Reifens im aufgepumpten Zustand. Zusammen mit dem selbst gemessenen Maß an eurem Rahmen kann jeder kontrollieren ob der Reifen passt. Bei Felgenbremsen wie Cantilever oder V-Brakes kann außerdem das Problem auftreten, dass die geöffneten Bremsbacken am Reifen schleifen oder sich nicht einstellen lassen. Mir ist nicht bekannt, dass dem Problem durch Angaben der Bremsenhersteller vorgebeugt werden kann.
Welche Reifen passen zu euch?
Euer Fahrverhalten und Anspruch bestimmt natürlich auch sehr stark die Wahl des richtigen Reifens. Hier wird noch einmal die Reifenbreite wichtig. Breitere Reifen sind besonders gut für weiche Untergründe geeignet, da sie weniger einsinken und damit schneller und leichter zu kontrollieren sind. Für das Gelände wie z.B. MTBs eignen sich Reifenbreiten zwischen 37 und 62mm. Manche gehen so weit, dass sie sich spezielle FatBikes aufbauen mit denen man auf Schlamm, Sand und sogar Schnee fahren kann. Hier geht es bei Breiten von 76mm erst richtig los. Breite Reifen sind übrigens auch auf festen und glatten Untergründen schneller. Es ist ein Irrglaube, dass schmale Reifen weniger Rollreibung hätten. Es ist richtig, dass sie leichter sind und weniger Windwiderstand besitzen. Dieser Effekt überwiegt bei gleichbleibender Geschwindigkeit gegenüber dem höheren Rollwiderstand jedoch erst jenseits der 30km/h. Warum dann überhaupt schmale 23mm Rennradreifen? Hier spielt das Gewicht eine große Rolle. Schmale Reifen sind leichter und können auf schmaleren Felgen gefahren werden, was wiederum Gewicht spart. Da die Laufräder während einer Fahrt mehrfach beschleunigt und abgebremst werden müssen, spart man mit leichten Laufrädern Kraft. Rennradreifen werden in der Regel für hohen Luftdruck ab 7bar ausgelegt, um den Effekt der höheren Rollreibung zu minimieren. Für die Nicht-Rennradfahrer unter uns ist wahrscheinlich interessanter, dass breitere Reifen mehr Federvolumen haben und deshalb komfortabler sind. Darum werden bei Touring-, City-, Holland- und Trekking-Rädern häufig Reifen zwischen 32 und 37mm und weniger Luftdruck verwendet.
Neben der Breite ist das Profil des Reifens für die Fahreigenschaften ausschlaggebend. Mit einem Slick-Reifen lässt sich kein schlammiger Aufstieg erklettern oder in der Abfahrt sicher bremsen. Deshalb haben sich im MTB Bereich grob-stollige Reifenprofile auf breiten Reifen durchgesetzt. Stollen erhöhen auf festem und glattem Untergrund die Rollreibung stark und nutzen sich schnell ab. Da sich Stollen unter starker Belastung biegen können verlieren sie auf hartem Untergrund sehr schnell an Haftung. Viele Hersteller haben mittelbreite Trecking-Reifen im Programm, die eine Lauffläche mit geringem Profil in der Mitte besitzen. Dadurch radelt oder bremst man bei normaler Fahrt auf leichtrollendem Profil mit guter Haftung zu glatten Untergründen. Lehnt man sich jedoch in eine Kurve oder fährt auf losen Untergrund greift das seitliche Profil mit der benötigten Haftung. Selbst reine City-Reifen haben leichtes Profil, auch wenn dieses mehr oder weniger psychologische und kosmetische Gründe hat. Aquaplaning kommt bei den üblichen Breiten von Fahrradreifen und den gewöhnlichen Geschwindigkeiten nicht vor. Lediglich auf feuchtem Grass habe ich persönliche bessere Erfahrungen mit City-Reifen gegenüber Slicks ohne Profil gemacht. Slicks haben theoretisch einen minimalen Rollwiderstand und sind besonders auf glatten Asphalt sehr schnell. Die Haftung eines Fahrradreifens auf Asphalt wird durch den rauen Asphalts und nicht durch das Profil des Reifens hergestellt. Der Gummireifen greift in die poröse Oberfläche. Bei Regen lässt die Haftung auf Asphalt nach. Dieser Effekt ist mit Slicks vergleichbar stark wie mit dem eines City-Reifens mit leichtem Profil.
Hier mal eine Auswahl unterschiedlicher Profile.
Qualität und zusätzliche Features
Die Qualität eines Reifens kann durch mehrere Parameter definiert werden. In der Theorie ist ein breiter aber doch leichter Reifen ideal. Ein Qualitätsmerkmal ist darum das Gewicht eines Reifens zu seiner Breite. Dazu kommen natürlich Eigenschaften wie Haftung, Handling, Rollwiderstand, Pannenschutz, Lebensdauer und Verkehrssicherheit. Einige Parameter arbeiten hier leider gegeneinander. Ein breiter Reifen rollt besser, ist aber eben auch schwerer. Eine weiche Gummimischung hat meist gut Haftung auf glatten Oberflächen jedoch fährt sie sich schneller ab und ist nicht besonders Pannensicher. Ein Stollenreifen hat gute Haftung auf losem Untergrund, funktioniert aber nicht gut auf harten und glatten Oberflächen. Ein Reifen mit dünnen Flanken hat häufig einen höheren Anteil an dünneren Fasern und ist darum leichter und faltbar jedoch auch etwas anfälliger für Durchschläge. Es gibt also nicht den ultimativen Reifen. Um sich in dem jeweiligen Anwendungsbereich von der Konkurrenz abzusetzen, werden zum Beispiel hochwertige Materialien verwendet. Durch aufwendigere Produktionsmethoden können darüber hinaus verschiedene Gummimischungen für die unterschiedlich beanspruchten Bereiche des Reifens eingesetzt werden. Auch können zusätzliche Silikonschichten oder Aramidfasern eingezogen werden, um die Pannensicherheit zu erhöhen. Für höhere Verkehrssicherheit werden manche Reifen optional in einer Version mit reflektierender Flanke angeboten, was ich aus optischen Gründen gegenüber Speichenreflektoren bevorzuge. Viel Aufwand wird außerdem bei dem Entwurf ausgeklügelter Profile betrieben. Manche Reifen haben ein Profil mit definierter Fahrtrichtung oder unterschiedliche Profile für vorn und hinten. Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass das Profil eines Fahrradreifens auch zu Marketing-Zwecken benutzt wird.
Es schadet aber auch nicht, wenn der Reifen optisch eine gute Figur macht. 😉