Alpenüberquerung Tag 4

Von Zwieselstein ging es heute rauf auf das Timmelsjoch (2509m) und weiter runter nach Moos in Passeier. Es ging direkt mit einer großen Steigung los, doch uns erwarteten noch einige mehr auf der Strecke. Schlimm war diese Kontinuität der Steigungen es ging im Prinzip den ganzen Tag von Kehre zu Kehre bergauf. Unsere Classic-Bikes hatten wir schon, was die Kassette angeht, von 12-24 auf 13-34 Zähne optimiert, aber selbst der leichteste Gang wurde irgendwann schwer. Der prüfende Blick auf die Kette während der Fahrt häufte sich deutlich. Ist das wirklich schon der leichteste Gang? Langsam aber sicher kämpften wir uns an die Baumgrenze. Immer häufiger mussten wir aus dem Sattel, um die langen Steigungen von teilweise mehr als 13% zu bestehen. Das kostete zusätzliche Kraft und auch die Waden wurden langsam fest. Wir waren nur froh, dass dieses Auf und Ab der Vortage ein Ende hatte. Auch wenn jede Abfahrt Erholung verspricht, führt sie doch nur wieder zu einem erneuten Aufstieg. Jeder Höhenmeter den man dem Berg abgerungen hat möchte man nicht mehr hergeben. Die Wahrnehmung verändert sich. Bin ich nur erschöpft oder schon schwindelig? Ebene Streckenabschnitte fühlen sich auf einmal wie Abfahrten an. Nur Geschwindigkeit will nicht mehr aufkommen. Kurven werden zu verräterischen Propheten der nächsten Steigung. Der Berg wird mit unnachgiebiger Kraft und stoischem Charakter wahrgenommen. Wir kämpfen gegen ihn und mit uns selbst. Das Ziel scheint unwichtig geworden. War vielleicht ne blöde Idee mit den Alpen.

Nur selten hatten wir Gelegenheit den Kopf aus den Knien zu nehmen, um die Umgebung zu betrachten. Mit der Höhe veränderte sich die Landschaft. Bäume und Wiesen wurden zu Felsen und Flechten, nur um später ganz allmählich unter Schneedecken zu verschwinden. Der Schnee wurde derart mehr, dass wir am Gipfel zwischen massiven Wänden aus Schnee unsere Bahn zogen. Die Temperaturen und der eisige Wind gaben uns Gelegenheit unsere Armlinge, Beinlinge und Funktionsshirts zu der normalen Radbekeidung anzuziehen. Zum Glück blieb uns der Regen erspart.

Vom Timmelsjoch aus ging es dann stetig und steil bergab. Der aufkommende Spaß der Abfahrt war neben dem Stolz und der Aussicht der Lohn für die geleistete Arbeit. Die Straßen auf der italienischen Seite der Passstraße waren enger und ein paar unbeleuchtete und tropfende Tunnel säumten den Weg. Vorsicht war geboten, bei 65km/h mit dem Rennrad wird es gefährlich. Die Bremsen laufen heiß und das Rad kommt nur noch wiederwillig zum Stehen. Jede kleine Bewegung hat einen großen Effekt. Verkehr und Winde sind schwer vorherzusehen. Spaß macht es trotzdem – auch bei 50-60km/h! So sind wir sehr schnell wieder runter vom Berg, haben uns abseits der Strecke noch kurz gestärkt und 5km später waren wir schon am Etappenziel in Moos in Passeier.

Morgen ist eine Erholungsstrecke geplant. Die 64km ohne nennenswerte Steigung nach Laives hinter Botzen schaffen wir ohne Probleme.

Wer die Strecke nachradeln möchte, im Nachhinein hätten man die Etappe des Vortages auch bis zu einer der Pansionen in Pill u. Angern legen können. Das hätte die Anstrengungen etwas mehr verteilt.

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